Baden-Württemberg
DE | EN
shutterstock.com / metamorworks

Rollenklärung im Bereich Mobilitätsdaten

1. Mögliche Geschäftsmodelle Mobilitätsdaten und Rollenklärung Staat/Land & Wirtschaft

Mobilitätsdaten sind für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft grundsätzlich kein Neuland. Allerdings handelt es sich um einen Bereich, der durch eine zunehmende technische und wirtschaftliche Dynamik gekennzeichnet ist, die sich aus technischen Möglichkeiten, Interessenskonflikten und Rollenzuweisungen zwischen den verschiedenen Akteuren ergibt. Diese Ausgangslage nahmen die im Schwerpunkt Daten beteiligten Akteure zum Anlass, um u.a. über die Rollenklärung im Umgang mit Mobilitätsdaten bezüglich datenbasierter Geschäftsmodelle, über Möglichkeiten der Datenmonetarisierung im Verhältnis zu Schutzbestimmungen und Datensouveränität sowie über Aspekte digitaler Kompetenzen zu diskutieren. In einem Ergebnispapier wurden die Einordnungen und Handlungsempfehlungen der Arbeitsgruppe festgehalten. Das Ergebnispapier wurde im Rahmen der Fachkonferenz in Brüssel im November 2022 vorgestellt. Empfehlungspapier: Welche Rolle übernimmt der Staat & welche Geschäftsmodelle können durch gezielten Einsatz von Mobilitätsdaten entwickelt werden?

2. Weiterentwicklung MobiData BW

MobiData BW dient als zentrale Datenplattform dem Austausch von verkehrsträgerübergreifenden Mobilitätsdaten aus Baden-Württemberg (ÖV, Parkraum, Mobilitätsdienste, Infrastrukturdaten, Staumeldungen etc.) und verfolgt den Open Data- Ansatz einer liberalen Datenbereitstellung. Die aktuelle Weiterentwicklung von MobiData BW beinhaltet insbesondere die Anbindung der Verkehrs- und Baustellendaten des Landes, die Erweiterung der eigenen Open Source Integrationsplattform für Mobilitätsdaten und die Verknüpfung von MobiData BW mit dem Mobility Data Space. Im Rahmen des Strategiedialogs Automobilwirtschaft BW (SDA) soll weiter geklärt werden, welche derzeit noch nicht verfügbaren Daten, Informationen und Services aus Sicht externer Partner in MobiData BW aufzunehmen sind. In Workshops werden diese Bedarfe seitens der Wirtschaft erarbeitet.

3. Skalierbare Digitalisierungskompetenz für Kommunen

Seit dem Start des Projekts „Intelligent City Performance“ wurde eine erste Version der Software-Plattform entwickelt, die gemeinsam mit dem Partner energiedata 4.0 (Intelligente Beleuchtung) in ersten Städten und Gemeinden in die Umsetzung gebracht wird. Im Fokus dabei sind Kommunen in Baden-Württemberg und Deutschland, perspektivisch auch in Europa. Auch intelligente Beleuchtung kann via Sensoren als Datenlieferant für die Software-Plattform dienen, was es Städten und Gemeinden erlaubt, die Verkehrsflüsse zu optimieren, die Beleuchtung bedarfsgerecht zu steuern oder den Energieverbrauch über Sektorengrenzen hinweg zu senken. Zudem können privatwirtschaftliche Unternehmen wie z. B. Logistikdienstleister mit den Daten ihre Fahrten optimieren, womit die Plattform ein weiteres valides Geschäftsmodell erhält. Das alles zahlt in die Strategic Development Goals der Vereinten Nationen ein und gibt Möglichkeiten zur Reduktion von CO2-Emissionen.

4. Bürgerdialog Mobilitätsdaten

Die Erhebung, Verarbeitung und Weitergabe von Daten stellen eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung und Bereitstellung digitaler Mobilitätsangebote dar. Aktuell wird der Umgang mit Daten vor allem aus wirtschaftlicher und verkehrstechnischer Sicht betrachtet. Über die gesellschaftlichen Präferenzen ist jedoch nur wenig bekannt.

Was ist den Bürger:innen in Bezug auf Mobilitätsdaten wichtig? Um das herauszufinden, wurde das Projekt „Bürgerdialog Mobilitätsdaten“ im Auftrag der Stabsstelle für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung des Staatsministeriums Baden-Württemberg mit fachlicher Unterstützung der e-mobil BW im Rahmen des Strategiedialogs Automobilwirtschaft Baden-Württemberg durchgeführt. Das Projekt stand unter der Leitung des Joint Innovation Hub des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI und wurde zwischen Juli 2023 und Mai 2025 verwirklicht. Zu Beginn wurden zwei Präsenz- und zwei Online-Workshops mit jeweils etwa 30 Bürger:innen aus Baden-Württemberg durchgeführt (eine ausführliche Darstellung der Ergebnisse dieser Projektphase findet sich hier im Zwischenbericht). Die Eindrücke aus den Workshops wurden anschließend mithilfe einer standardisierten Online-Umfrage validiert. Insgesamt nahmen 1.377 Bürger:innen aus Baden-Württemberg (bereinigt 962) zwischen 18 bis 69 Jahren an der Studie teil.

  • Die Ergebnisse aus beiden Projektphasen zeigen, dass Bürger:innen den Vorteilen digitaler Mobilitätsangebote ambivalent gegenüberstehen. Ein nicht unerheblicher Teil der Befragten konnte bis-her keine Vorteile in der Nutzung digitaler Mobilitätsangebote erkennen, was den dringenden Handlungsbedarf sowohl bei der Bereitstellung geeigneter Angebote als auch bei der klaren Kommunikation ihrer Vorteile unterstreicht.
  • Der mit Abstand wichtigste Vorteil besteht aus Sicht der Bürger:innen im einfachen Zugang zu verschiedenen Verkehrsmitteln über eine einzige zentralisierte App, die Verkehrsdaten bündelt und für die Bereitstellung ganzheitlicher Mobilitätsangebote nutzt. Gleichzeitig betonten Bürger:innen die Abhängigkeit von einer stabilen Internetverbindung und den Mangel an digitalen Angeboten in ländlichen Gebieten als die größten Einschränkungen bei der Nutzung digitaler Mobilitätsdienste.
  • Bei der Frage nach dem Mehrwert, der mit dem Teilen von Mobilitätsdaten verbunden wird, haben Faktoren mit direktem Nutzen, wie eine geringere Staubildung und kürzere Reisezeiten, Vorrang vor Aspekten mit indirektem Nutzen, wie eine Verringerung der CO2-Emissionen.
  • In beiden Projektphasen konnte außerdem bestätigt werden, dass der öffentliche Sektor im Vergleich zu anderen Akteuren – wie Unternehmen und unabhängigen Intermediären – mehr Vertrauen in Bezug auf die Einhaltung von Datenschutzbestimmungen genießt. Bürger:innen sind daher am ehesten bereit, ihre Mobilitätsdaten mit der öffentlichen Hand zu teilen. Dies gilt sowohl für Standort- und Bewegungsdaten als auch für personenbezogene Daten.
  • Vertraulichkeit, Datenschutz und Sicherheit wurden als die wichtigsten Anforderungen an Akteure bewertet, die Mobilitätsdaten nutzen und verwalten. Gleichzeitig stuften die Befragten das Fehlen kommerzieller Absichten und die Unabhängigkeit eines Akteurs als Kriterien mit der geringsten Bedeutung ein.
  • Eine kommerzielle Nutzung von Mobilitätsdaten zur Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen durch Unternehmen wird von der Mehrheit der Befragten neutral bis positiv bewertet. Die Zustimmung zur kommerziellen Nutzung von Mobilitätsdaten hängt jedoch vom Alter und Geschlecht der Befragten ab. Um die Akzeptanz zu erhöhen, sollte daher ein zielgruppenorientierter Kommunikationsansatz gewählt werden, der die Vorteile der Datennutzung durch privatwirtschaftliche Akteure transparent darlegt.

Der Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern zeigte Handlungsspielräume auf und ermöglichte es, folgende Gestaltungsempfehlungen für Politik und Wirtschaft abzuleiten:

1. Digitale Infrastruktur: Die Qualität der digitalen Infrastruktur ist von entscheidender Bedeutung für die Akzeptanz und Nutzung digitaler Mobilitätsdienste. Es ist daher Aufgabe von Politik und Wirtschaft, diese insbesondere in ländlichen Gebieten zu verbessern.

2. Datenintegration und Bündelung: Bürger:innen fordern digitale Mobilitätslösungen, die verschiedene Verkehrsmittel kombinieren und Daten anbieterübergreifend nutzen und verwalten. Der öffentliche Sektor kann die Entwicklung und Bereitstellung dieser Angebote übernehmen, da er mehr Vertrauen genießt als andere Akteure.

3. Datenschutz und Transparenz: Bürger:innen legen Wert auf Vertraulichkeit, Datenschutz und Sicherheit, wenn es um die Verwendung ihrer Daten geht. Daher muss der Umgang mit Mobilitätsdaten transparent gemacht und verständlich erklärt werden.

4. Datenmehrwert und Sichtbarkeit: Bürger:innen sollten über den Mehrwert, der sich aus der Nutzung ihrer Daten ergibt, informiert werden. Unternehmen können die Bereitschaft zur Datenweitergabe erhöhen, indem sie aufzeigen, welchen Mehrwert die Datennutzung in Form neuer Produkte und Dienstleistungen bietet.

5. Zielgruppenspezifische Ansprache: Die Vorteile sollten zielgruppenspezifisch präsentiert werden, da es Unterschiede in der Bereitschaft zur Weitergabe von Mobilitätsdaten zwischen ländlichen und städtischen Gebieten, Männern und Frauen sowie verschiedenen Altersgruppen gibt.

Den Abschlussbericht finden Sie hier: Bürgerdialog Mobilitätsdaten. Abschlussbericht

Weitere Informationen zum Projekt: Bürgerdialog Mobilitätsdaten (2023-2025) - Fraunhofer ISI

Das Projekt wird bis Ende 2024 abgeschlossen sein. Die Ergebnisse aus den Bürgerdialogen werden im 2. Halbjahr 2024 durch eine bevölkerungsrepräsentative Befragung validiert. Den Zwischenbericht finden Sie hier.

Beteiligte

  • Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg         
  • Staatsministerium Baden-Württemberg – Stabsstelle für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung    
  • Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg  
  • AUDI AG
  • bitcome.V.
  • bridgingIT GmbH
  • DEKRA e.V
  • e-mobil BW GmbH
  • fastahead GmbH & Co. KG
  • Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO
  • Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI
  • FZI Forschungszentrum Informatik
  • Joint Innovation Hub, Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI
  • KVV Karlsruher Verkehrsverbund
  • Mercedes Benz Group AG
  • MHP Management- und IT-Beratung GmbH
  • Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mbH
  • PTV Group
  • Städtetag Baden-Württemberg
  • Star Systems GmbH
  • Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA)
  • Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart VVS
#Daten